Wer darf was beim Débridement chronischer Wunden?
Im Rahmen unserer Wundhygiene-Veranstaltungen kam regelmäßig die Frage auf, ob auch nichtärztliches medizinisches Fachpersonal das scharfe Débridement mit Skalpell, scharfem Löffel und Ringkürette durchführen darf. Expertinnen und Experten der Fachgesellschaft Initiative Chronische Wunden (ICW) e. V. haben hierzu konkrete Empfehlungen entwickelt.[1] In diesem Artikel beantworten wir, wer welche Art des Débridements durchführen darf.
Débridement – das unterscheidet die Methoden
Das Débridement chronischer Wunden ist eingebunden in die vier Schritte der Wundhygiene. Es ist ein wichtiger Bestandteil in der modernen Wundbehandlung. Die ICW definiert das Débridement als Entfernung von anhaftendem, abgestorbenem Gewebe, Krusten oder Fremdkörpern aus Wunden.[1] Verschiedene Methoden stehen dafür zur Verfügung. Sie unterscheiden sich in ihrer Schmerzhaftigkeit für die Patient:innen, im Zeitaufwand für das versorgende Personal, in den Kosten und der Invasivität – insbesondere aber auch hinsichtlich der Qualifikationen des medizinischen Fachpersonals sowie der rechtlichen Voraussetzungen.
Welche Art des Débridements bei einer Wunde angewendet wird, entscheiden in der Regel die behandelnden Ärzt:innen. Die Durchführung hingegen kann in vielen Fällen durch geschultes medizinisches Fachpersonal erfolgen. Einige Ausnahmen gibt es jedoch.
Wer darf welches Débridement durchführen?
Grundsätzlich gilt: Geschulte Personen aus Gesundheitsfachberufen wie Pflegefachpersonal mit Ausbildung oder Studium als Pflegefachfrau/Pflegefachmann, Physician Assistants oder medizinische Fachangestellte (MFA) dürfen folgende Arten des Débridements durchführen:
- Autolytisches Débridement
- Proteolytisches/enzymatisches Débridement
- Osmotisches Débridement
- Biochirurgisches Débridement
- Mechanisches Débridement
Geschulte Fachkräfte können bei all diesen Methoden nach Einschätzung der ICW auch potenziell auftretende Komplikationen selbstständig beherrschen. Wünschenswert, aber keine zwingende Voraussetzung ist eine Fortbildung als Wundexpert:in bzw. Fachtherapeut:in Wunde ICW®oder eine vergleichbare Zusatzqualifikation.
Scharfes und chirurgisches Débridement
Zwei weitere, deutlich invasivere Formen der Wundbehandlung sind das scharfe und das chirurgische Débridement. Während bei Ersterem avitales Gewebe bis an den Rand der avitalen Strukturen entfernt wird, reicht Letzteres bis in die intakten anatomischen Strukturen hinein.[2] Das scharfe Débridement ist somit weniger invasiv als das chirurgische Débridement. Gemeinsam ist beiden, dass sie mit scharfen Werkzeugen wie z. B. Skalpell, Kürette, Pinzette oder scharfem Löffel durchgeführt werden.
Das scharfe Débridement kann durch Ärzt:innen an Gesundheitsfachpersonal übertragen werden. Voraussetzung dafür ist, dass die durchführenden Personen durch Ärzt:innen geschult wurden. Bei der Entfernung von Gewebe kann es u. a. zu Blutungen kommen. Der Gesundheitszustand, die Einnahme von Antikoagulantien (Blutverdünnern) sowie die Anatomie und die Tiefe der Wunde sollten vor Beginn der Behandlung bekannt sein. Um im Fall von Komplikationen schnell und angemessen handeln zu können, soll in der Einrichtung, Klinik oder Praxis ein schriftliches Konzept für Notfall-Interventionen vorliegen. Es sollte unter anderem sicherstellen, dass ärztliches Personal in der Nähe und verfügbar ist.
Das chirurgische Débridement ist stark invasiv und bedarf der lokalen oder systemischen Schmerzlinderung oder Anästhesie. Nur geschulte Ärzt:innen dürfen es durchführen.
Technisches Débridement – Einordnung nach Risiko für Verletzungen und Blutungen
Die Gruppe des technischen Débridements umfasst verschiedene Methoden, die jeweils einzeln bewertet werden müssen. Kann es laut Herstellerangaben nicht zu Verletzungen und größeren Blutungen kommen (z. B. bei Einsatz von niederfrequentem Leistungsultraschall), dann kann die jeweilige Methode wie auch ein mechanisches Débridement von nichtärztlichem Personal durchgeführt werden. Sind Risiken für größere Blutungen und Verletzungen gegeben, sollte die Behandlung durch Ärzt:innen erfolgen. Das ist beispielsweise bei Methoden der Fall, die Laser- oder Hydrochirurgie nutzen.
Fazit: Das chirurgische Débridement und einige Formen des technischen Débridements müssen Ärzt:innen vornehmen. Alle anderen Formen können mit entsprechender Schulung auch von Fachpersonal ausgeführt werden. Wünschenswert ist eine Fortbildung als Wundexpert:in bzw. Fachtherapeut:in Wunde ICW® oder eine vergleichbare Zusatzqualifikation.
Quellen:
[1] Dissemond J., Bültemann A., Erfurt-Berge C., Gerber V., Motzkus M., Rembe J.-D. Débridement chronischer Wunden – wer darf was? Ein Positionspapier der Initiative Chronische Wunden e. V. WUNDmanagement 2024; 18(2): epub ahead of print
[2]Wundzentrum Hamburg. Verfahrensstandard: Standardvorgehensweisen zur Wundreinigung. Gültig bis 03.03.2025
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