Pergamenthaut und Skin Tears – Wundversorgung bei empfindlicher Haut
Pergamenthaut und damit verbundene Verletzungen (Skin Tears) sind häufige Hautkrankheiten im Alter, obwohl auch jüngere Menschen davon betroffen sein können. Um weitere Hautschädigungen zu vermeiden, sind umfassendes Wissen zu empfindlicher Haut, eine gute Hautpflege und angepasste Wundversorgung wichtig. Dadurch kann die Lebensqualität von Patient:innen mit Pergamenthaut und Skin Tears verbessert werden.
Pergamenthaut: Entstehung und Ursachen
Während der natürlichen Veränderung im Alter gehen Elastizität und Widerstandsfähigkeit der Haut verloren und führen zur sogenannten Altershaut. Pergamenthaut kann aus Altershaut als Folge von Erkrankungen (z. B. Diabetes mellitus, Lebererkrankungen, Autoimmunerkrankungen) und als Nebenwirkung von Medikamenten (z. B. Kortison, Insulin, Gerinnungshemmer) entstehen. Starker Flüssigkeitsmangel, intensive UV-Strahlung oder Vitamin- und Mineralstoffmangel tragen zur Entstehung von Pergamenthaut bei.
Merkmale von Pergamenthaut:
- sehr trockene, faltige bis schuppige Haut
- dünne, transparent wirkende Haut, unter der man die Adern sieht
- empfindliche, spröde Haut, die leicht zu Verletzungen neigt
- Juckreiz
- langsame Wundheilung
- erhöhte Anfälligkeit für Hämatome
Skin Tears: Einreißen der Haut
Skin Tears sind Hautverletzungen durch traumatische Ereignisse wie Reibung oder Ziehen, die mit einer Ablösung der oberen Hautschichten einhergehen. Entweder löst sich die Epidermis von der Dermis oder beide Hautschichten vom darunterliegenden Gewebe. Im Praxisalltag sind weitere Begriffe wie Hautablederung, Lazerationen, Abschürfung oder Abrasionen verbreitet.
Bei Menschen über 65 Jahren mit empfindlicher Haut treten Skin Tears häufiger auf.[1] Weitere Risikofaktoren sind behandlungsbedürftige Wunden, die häufige Verbandswechsel erfordern, bestimmte Medikamente (siehe Pergamenthaut), unausgewogene Ernährung und Flüssigkeitsmangel, Rauchen sowie Mobilitätseinschränkungen oder Begleiterkrankungen, durch die sich die Verletzungs- und Sturzgefahr erhöht.[2,3] Zur Verletzung kommt es meistens durch Stürze oder Anstoßtraumata.
Bei Skin Tears unterscheidet man verschiedene Schweregrade[4]:
- Die Kategorie I beschreibt geradlinige, klar abgegrenzte Einrisse fragiler Haut bei noch vorhandenen Hautlappen, die zur Abdeckung der Wunde positioniert werden können.
- Bei Kategorie II liegt ein mindestens anteiliger Verlust des Hautlappens vor, sodass die Wunde nicht vollständig abgedeckt werden kann.
- Bei Kategorie III fehlt der Hautlappen vollständig und die Wunde liegt frei. Da bei betroffenen Personen durch die fragile Haut, die Begleitumstände und die Erkrankungen die Wundheilung häufig verlangsamt ist, sind die Chronifizierung der Wunde, Wundinfektionen und Schmerzen typische Komplikationen.
In der Folge besteht bei diesem fragilen Hautzustand durch die Wundversorgungsmaterialien die Gefahr neuer bzw. weiterer Hautverletzungen. Man spricht dann von MARSI (Medical Adhesives Related Skin Injuries).[5]
Durch Klebstoffe können verschiedenartige Probleme auftreten:
- Beim Entfernen von Klebematerialien kann versehentlich die oberste Hautschicht abgelöst werden, was zu Rötungen, Reizungen oder manchmal schwerwiegenderen Schäden führen kann.
- Bei lang anhaltender Verwendung von Klebstoffen kann die Haut insbesondere in feuchten Umgebungen geschwächt und anfälliger für Schäden (Mazerationen) werden.
- Auch allergische Reaktionen auf Bestandteile des Klebstoffs treten auf und führen zu Rötungen, Juckreiz oder Schwellungen.
- Verstopfen Klebstoffe die Haarfollikel, kann eine Entzündung oder Infektion der Haarfollikel (Follikulitis) entstehen.
Pergamenthaut: Pflege und Verbandwechsel
Skin Tears (MARSI) sind eine Wundart, die häufig vermeidbar ist. Bei Patient:innen mit Pergamenthaut oder erhöhtem Risiko für Skin Tears sollte bei Hautpflege, Wundversorgung und dem Verbandwechsel besondere Vorsicht gelten. Manche Verbandmaterialien lassen sich nur schwer entfernen und können sensible Haut zum Einreißen bringen. Geschultes Pflegepersonal und Wundexpert:innen, die sich mit der Versorgung von empfindlicher Haut auskennen, können neue Wunden vermeiden und bereits entstandene Wunden bestmöglich behandeln.
- Hautpflege und Hautschutz: Empfindliche Haut sollte nur mit lauwarmem Wasser gewaschen werden. Weiche Handtücher und Waschlappen verhindern ungewollte Verletzungen. Eine angepasste Hautpflege, die viel Feuchtigkeit spendet, und Hautschutzprodukte halten die empfindliche Haut geschmeidig und verringern das Risiko von Hautverletzungen.[6, 7]
- Geeignete Verbandmaterialien: Für empfindliche und fragile Haut sollten weiche, sanft haftende Verbände mit guter Passform gewählt werden. Je nach Körperstelle, Art der Wunde und Exsudatmenge sind der Silikon-Schaumverband AQUACEL® Foam Pro, der dünne Schaumverband Foam Lite™ ConvaTec und der Hydrokolloidverband VARIHESIVE® Extra dünn für die Versorgung empfindlicher Haut besonders gut geeignet.
Tipp: Markieren Sie bei vorhandenem Hautlappen mit einem Pfeil auf einem Pflasterstreifen die Richtung, in die der Verband abgezogen werden sollte. So wird vermieden, dass der Hautlappen erneut angehoben wird und eine erneute Blutung auftritt.
- Verbandwechsel: Der wiederholte Einsatz haftender bzw. klebender Materialien und Verbände stellt sowohl intakte als auch vorgeschädigte sensible Haut vor eine Reihe von Herausforderungen: Beim Verbandwechsel kann empfindliche Altershaut bzw. Pergamenthaut erneut verletzt werden (MARSI) und das Entfernen des Verbands kann für Patient:innen sehr schmerzhaft sein. Deshalb soll der alte Verband besonders vorsichtig entfernt werden, um weitere Hautverletzungen und Schmerzen zu vermeiden.
Dafür gibt es sanfte Pflasterentferner wie ESENTA™, mit denen sich Wundauflagen und Klebereste reiz- und schmerzfrei lösen lassen. Für einen atraumatischen, sanften Verbandwechsel haben sich in der Praxis Wundverbände mit Silikonhafträndern bewährt. Der Silikon-Schaumverband AQUACEL® Foam Pro lässt sich durch seine perforierte adhäsive Silikon-Wundkontaktschicht mit Hydrofiber® Technologie einfach applizieren sowie entfernen und haftet zuverlässig.
Tipp: Wissenswertes zum hygienischen Verbandwechsel, zum Beispiel zu „sterilem Vorgehen“, der Häufigkeit und der richtigen Reihenfolge erfahren Sie hier. Wie Sie den richtigen Verband auswählen, erfahren Sie in unserem kurzen On Demand Webinar „Wundwissen in 10 Minuten“.
Um Hautschäden bei Pergamenthaut zu vermeiden, bedarf es besonderer Sorgfalt und spezifischer Materialien bei der Wundversorgung. Die Pflege von Pergamenthaut sollte nach den individuellen Anforderungen variieren.
Quellen:
[1] Völzer B, El Genedy-Kalyoncu M, Fastner A, Tomova-Simitchieva T, Neumann K, Sill J, Balzer K, Kottner J. Prevalence and associations of xerosis cutis, incontinence-associated dermatitis, skin tears, pressure ulcers, and intertrigo in aged nursing home residents: A representative prevalence study. Int J Nurs Stud. 2023 May;141:104472. doi: 10.1016/j.ijnurstu.2023.104472
[2] Strazzieri-Pulido KC, Peres GR, Campanili TC, de Gouveia Santos VL. Incidence of Skin Tears and Risk Factors: A Systematic Literature Review. J Wound Ostomy Continence Nurs. 2017 Jan/Feb;44(1):29-33. doi: 10.1097/WON.0000000000000288
[3] Serra R, Ielapi N, Barbetta A, de Franciscis S. Skin tears and risk factors assessment: a systematic review on evidence-based medicine. Int Wound J. 2018 Feb;15(1):38-42. doi: 10.1111/iwj.12815
[4] Beeckman D. & Van Tiggelen H. (2018) International Skin Tear Advisory Panel (ISTAP) Classification System – German version. Skin Integrity Research Group (SKINT), Ghent University. Available to download from www.skintghent.be. https://www.skintears.org/_files/ugd/9d080f_8e90f5bbfd524f3198336c11d44322cb.pdf
[5] McNichol L, Lund C, Rosen T, Gray M. Medical adhesives and patient safety: state of the science: consensus statements for the assessment, prevention, and treatment of adhesive-related skin injuries. J Wound Ostomy Continence Nurs. 2013 Jul-Aug;40(4):365-80; quiz E1-2. doi: 10.1097/WON.0b013e3182995516
[6] Vuorinen M, Ram F. Effectiveness of moisturiser for the prevention of skin tears in older adults residing in long-term care facilities: a clinical review. Br J Community Nurs. 2023 Sep 1;28(Sup9):S14-S18. doi: 10.12968/bjcn.2023.28.Sup9.S14
[7]https://www.skintears.org/_files/ugd/9d080f_186577d4a26d417cbddde74098280af9.pdf
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