Wundschmerzen beurteilen und behandeln
Wundschmerz kann für Patienten einer der belastendsten Faktoren im Zusammenhang mit einer Wunde sein. Beim Verbandwechsel und Entfernen adhäsiver Verbände sollten Schmerzen für den Patienten möglichst minimiert werden. Traumata am Wundbett und in der Wundumgebung können durch den Einsatz passender Wundauflagen vermieden werden, so dass ein schneller Heilungsprozess gefördert und die Lebensqualität des Patienten verbessert wird.
Die International Association for the Study of Pain (IASP) definiert Schmerz als „ein unangenehmes Sinnes- oder Gefühlserlebnis, das mit einer tatsächlichen oder potenziellen Gewebeschädigung einhergeht oder einer solchen ähnelt.“ In der Definition von 2020 wurde nun auch berücksichtigt, dass beispielsweise Kleinkinder oder ältere Menschen ihre Schmerzen nicht verbal äußern können und deshalb visuelle Skalen zum Einsatz kommen dürfen.
Ursachen und Entstehung von Schmerz
Entzündliche Vorgänge, thermische oder chemische Reize, Druck oder Wunden können schmerzauslösende Gewebeveränderungen verursachen, die lokale Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) aktivieren. Diese Schmerzentstehung beginnt im betroffenen Gewebe und wird über Nervenfasern weitergeleitet, wobei der Schmerz im Rückenmark noch nicht als solcher empfunden wird, sondern erst später im Gehirn. Akute Schmerzen sind ein Warnsignal des Körpers, sie setzen plötzlich ein und sind ebenso schnell wieder verschwunden.
Ein Schmerz wird chronisch, wenn er entweder länger als drei bzw. sechs Monate anhält oder wiederkehrend auftritt. Als chronisch wird der Schmerz bei einer akuten Wunde bezeichnet, wenn er länger als einen Monat nach Abheilung andauert.
Als Ursachen für Wundschmerzen gelten anwendungsbedingte Schmerzen (Entfernen des Verbandes, Wundreinigung, Anlegen des Verbandes), mechanische Schmerzen (Reibung/Verrutschen des Verbandes) oder operative Schmerzen (Débridement).
Schmerzdokumentation
Eine regelmäßige Erfassung der Schmerzintensität ist Teil einer jeden Wunddokumentation. Dies kann mithilfe eines Schmerztagebuches geschehen, das über mindestens 14 Tage regelmäßig geführt werden sollte. Neben der Dokumentation der Schmerzskalen (z.B. visuelle Analogskala (VAS) und numerische Ratingskala (NRS) kann es helfen herauszufinden, wann die Schmerzen auftreten und welche Auslöser es gibt.
Schmerzlinderung
Zur Schmerzlinderung im Rahmen des Verbandwechsels vor dem Auflegen einer neuen Wundauflage kann ein reizfreier silikonbasierter Hautschutz aufgetragen werden. Diese Produkte sind als Creme, Spray oder Tücher erhältlich und können so an die individuellen Bedürfnisse von Patienten angepasst werden.
Bei schmerzenden chronischen Wunden wird vor dem Verbandwechsel in der Regel eine Schmerztherapie eingeleitet. Diese muss in Abstimmung mit der Einnahme der anderen Medikamente des Patienten erfolgen, eventuelle Allergien berücksichtigen sowie auch die persönlichen Präferenzen des Patienten für ein bestimmtes Analgetikum (z.B. lokal, systemisch) mit einbeziehen.
Die medikamentöse Schmerztherapie wird stets anhand des WHO-Stufenschema (WHO 1996) durchgeführt. Unabhängig von ihrer Anwendung benötigen Analgetika mindestens 20 bis 30 Minuten bis zum Wirkeintritt. Als lokale Option, beispielsweise für eine schmerzfreie Wundreinigung, bietet sich Emla Creme mit den Inhaltstoffen Lidocain und Prilocain an.
Doch es gibt auch zusätzliche Methoden, um die Schmerzen des Patienten zu reduzieren – so können Reize an der Wunde wie beispielsweise Zugluft durch offene Fenster oder Klimaanlagen vermieden werden, auch eine möglichst geringe Verbandwechselhäufigkeit ist hilfreich. Diese kann durch eine gezielte Auswahl geeigneter Wundauflagen verlängert werden. Auch die Behandlungsdauer beeinflusst das Stressempfinden der Betroffenen und damit auch das Schmerzempfinden. So sollten alle Materialien, die für den Verbandwechsel benötigt werden, vorbereitet und griffbereit sein, um ein zügiges – und damit Vertrauen schaffendes – Arbeiten zu ermöglichen.
Der wichtigste Aspekt ist jedoch der möglichst atraumatische Verbandwechsel bei chronischen schmerzenden Wunden (z.B. Dekubitus, PAVK). Mit der Auswahl eines geeigneten Wundverbandes kann das Verkleben der Wunde mit dem Verband verhindert werden. Dies reduziert nicht nur den Schmerz bei einem Wechsel, sondern fördert auch die Wundheilung.
Sollte der alte Verband jedoch trotzdem mit der Wunde verklebt sein, kann er mit 0,9%iger Kochsalz- oder Ringerlösung getränkt werden. Ist er vollgesogen, lässt er sich leichter ablösen.
Die Wahl der passenden Wundauflage
Dank innovativer Forschung der führenden Hersteller gibt es mittlerweile für jeden Wundtyp die passende Wundauflage. Diese sollte so gewählt werden, dass sie eine gute Feuchtigkeitsbalance in der Wunde hält und bei Schmerzvermeidung hilft (z.B. Wundauflagen aus und mit Hydrofiber® , oder sanft haftende Silikonschaumverbände, wie z.B. AQUACEL® Foam Pro).
Außerdem sollte sie
- nicht verkleben
- atraumatisch ablösbar sein
- Wechselintervalle je nach Anforderung ermöglichen
- auf Silikonkhafttechnologie basieren oder
- bei gereizter Haut ganz ohne Klebeflächen auskommen
Durch die Einführung von Technologien mit Silikonhaftung zum Beispiel konnte die Balance zwischen der Minimierung von Schmerz und Trauma durch die Entfernung des Verbands und gleichzeitig einer guten Haftung verbessert werden.
Die Behandlung von Patienten mit schmerzenden, chronischen Wunden wird in der Zusammenarbeit eines interdisziplinären Teams, bestehend aus Pflegenden und Ärzten unterschiedlichster Fachgruppen, den größten Erfolg zeigen, da Patienten mit jeder dieser Bezugspersonen andere Inhalte kommunizieren – ein Austausch verbessert somit die Adhärenz des Patienten sowie seine Lebensqualität.
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